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kangoos Herren: Kein Spiel für Herzpatienten  

Dieses Wochenende war die TSG Backnang zu Gast in Aichwald. Mit dabei war auch ein alter Bekannter, Victor Linker, der auch schon in Aichwald gespielt hatte, hat sich inzwischen den Backnangern angeschlossen. Die Tabelle ließ schon vorab Spannung erwarten: die Backnanger standen auf Platz zwei der Tabelle, dort, wo ohne das unsägliche am grünen Tisch verlorene Spiel gegen Essingen auch Aichwald stehen würde. Die Aichwalder allerdings haben Aufstiegsambitionen und stehen daher seit der knappen Niederlage gegen Möhringen mit dem Rücken zur Wand, jedes Spiel ist jetzt schon ein Endspiel. Backnang musste also geschlagen werden. Dass mit Sebastian Stoess und Sebastian Peters gleich zwei schnelle Spieler mit Spielintelligenz und starker Defense fehlten, war daher sehr schade, aber auch solche Spiele muss man gewinnen. Schließlich fehlt mit Johannes Hübner schon seit Saisonbeginn der Topscorer der letzten Saison, und trotzdem spielt Aichwald oben mit.  

Die Anspannung war aber bereits vor dem Anwurf greifbar, die Kangoos waren bereits beim Einlaufen nervös und aufgeregt. Bizarrer Fakt am Rande: Brian Nisalke, der in den letzten Spielen immer stärker wurde, musste kurz vor Spielbeginn wieder losfahren, weil er seinen Ausweis samt Portmonee nicht finden konnte. Erst kurz vor Anpfiff war klar, dass er heute nicht mehr zum Einsatz kommt. Das Scouting machte jedoch Hoffnung, Backnang lebt vor allem von einem Spieler, der meist beinahe die Hälfte aller Punkte macht. Diesen galt es also auszuschalten. Geklappt hat das aber gar nicht – schon mit der ersten Korbaktion traf Julian Gesatzky für die TSG, für ihn war es anscheinend ein guter Tag. Ging es die erste Minute noch ausgeglichen 0:0 hin und her, war danach ein Backnanger Damm gebrochen. Die Pässe der Kangoos kamen nicht an, wirkten nahezu wie telefoniert, und ein ums andere Mal wurden diese leicht abgegriffen. Backnang war dann im Umschaltspiel auch meist eine Sekunde schneller als die Kangoos und mit einem schnellen langen Pass gab es gegen eine naturgemäß unsortierte Aichwalder Abwehr Easy Points für Backnang. Schon hier zeichnete sich ab, dass Julian Gesatzky heute Großes gegen Aichwald leisten wollte. Die Aichwalder Offensiv-Aktionen waren durch die Steals natürlich gehemmt, Dominik von Benthen wirkte mit seinen Pässen nahezu angeknockt, das Spiel gegen den Korb funktionierte fast gar nicht, so dass zwar gegen Ende des ersten Viertels die Ballverluste reduziert wurden, aber punkteseitig auch nicht viel passierte. Der ernüchternde Blick auf die Anzeigetafel zeigte nach 10 Minuten frustrierende 7:20 zu Gunsten der TSG an, die auf Ihrer Bankseite schon anfingen, Party zu machen.  

In der Viertelpause nahm dann Coach Markus Freitag den Druck heraus. Hatte er in den ersten 10 Minuten noch gebrüllt und über Ballverluste geflucht, mahnte er alle Spieler zur Ruhe und bat darum, die Systeme wieder vernünftig zu spielen und die Center nicht aus den Augen zu verlieren. Auch Valentin Hubertus appellierte an alle, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, er übernahm heute die Rolle des Motivators, die sonst Käpt’n Knut Ettling inne hat. Aichwald kam dann gleich ganz anders aufs Feld. Zwar gingen die ersten beiden Offensivaktionen knapp daneben, und die Backnanger konnten auf 7:24 erhöhen, aber nach einem gut funktionierendem Einwurfsystem, das Backnang auch bis zum Ende des Spiels nicht durchschauen konnte, gelang endlich der erste Dreier durch Dominik von Benthen. Plötzlich drehte Aichwald auf. Hatten die TSG-ler sich bis dahin schon als Sieger gefeiert, mussten sie sich plötzlich ganz neu orientieren. Moritz Gramm konnte sich endlich zum Korb durchfighten, Valentin Hubertus räumte Rebounds in Reihe ab und verwandelte danach sicher und Dominik von Benthen erhielt Freiräume in der Mitteldistanz, die für gute Würfe genutzt werden konnten. Dabei profitierten die Backnanger allerdings noch von der freizügigen Haltung der Schiedsrichter (kein Vorwurf), da die zugelassenen Fouls unter dem Korb die körperliche Überlegenheit von Valentin Hubertus und Knut Ettling reduzierten. Auch Niko Haug, der normalerweise unter den Abstauber-Punkten nach Rebound ganz weit vorne liegt, musste ein ums andere Mal lieber rauspassen, als einfach zu scoren, da das Gedränge und Geklatsche unter dem Korb toleriert wurde. Die Linie wurde von den Schiedsrichtern allerdings auf beiden Seiten gefahren, und die Kangoos müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, die Linie der Schiedsrichter nicht richtig gelesen zu haben und ihrerseits die Aggressivität unter dem Korb zu erhöhen. Einer jedoch konnte sich auf Seiten der Backnanger nicht richtig zurückhalten und holte sich binnen Minuten zwei Fouls ab, und das war ausgerechnet der talentierteste Spieler der TSG, Julian Gesatzky. Dieser war im übrigen auch nahezu der einzige Grund, weshalb Aichwald bis zur Pause nur auf 28:30 herankam, anstatt in Führung zu gehen, bei der TSG klappte nicht viel, wenn nicht er es in die Hand nahm. Was allerdings klappte, war die Anweisung von Coach Markus Freitag, nach dem zweiten Foul von Gesatzky, aktiv über dessen Defense-Seite zu attackieren. Gesatzky holte sich Foul Nummer drei, blieb aber auf dem Feld – wofür sich er und der Backnanger Trainer ein fettes Kreuz ins Lastenheft malen dürfen, denn kurz darauf zog sich Gesatzky völlig unnötig in einer aussichtslosen Offensiv-Rebound-Aktion Foul Nummer vier zu. Die Aichwalder Bank feierte, da der beste Backnanger Spieler nun zwei Viertel nur noch mit angezogener Handbremse verteidigen durfte. Zur Aichwalder Bank: seit dem Dreier von Dominik von Benthen kamen von hier stetige Anfeuerungen, und gefühlt hat diese Bestätigung das komplette Team vorwärts gezogen. Insbesondere Moritz Gramm machte den Eindruck, von solchen Anfeuerungen zu leben.  

In Viertel drei hat Aichwald dann versucht, mehr über die Center zu kommen. Da in der Backnanger Zone Gesatzky oben an der „Glocke“ spielte und sich zurückhalten musste, waren hier auch endlich genug Räume, um den Ball nach vorne zu transportieren. Hubertus und Ettling kamen endlich zur Geltung, wobei insbesondere Hubertus immer wieder unter dem Korb kleine Nickligkeiten einstecken musste. Trotz der laxen Linie der Schiedsrichter (nochmal allerdings betont, dass das kein Vorwurf ist, sondern eher der Hinweis an die Kangoos, sich darauf auch einzustellen), wurde Hubertus auch entsprechend oft an die Linie geschickt, konnte von seinen insgesamt 15 Freiwürfen aber nur 7 versenken. Hätte er eine Quote wie im Training gehabt, es hätte zum Ende des dritten Viertels statt 47:47 schon eine gute Führung für die Aichwalder geben können. Zu oft hat aber der Freiwurf nicht geklappt, zu oft gingen Würfe nach Rebound doch nicht rein, und zu oft durften die Backnanger ungestraft in der Zone abklatschen, und so blieb es eng.  

Viertel vier musste also die Entscheidung bringen. Weiter ging es hin und her, Backnang hatte nun seine „wir haben ja schon gewonnen“-Attitüde abgelegt und nahm den Kampf wieder auf. Mal wieder ging der Viertelstart an Backnang, und Aichwald musste immer noch auf die erste Führung des Spiels warten. Der Trainer der TSG tobte in seiner Coaching-Zone, dirigierte und kommandierte, aber am Ende lief das Spiel fast ausschließlich über Julian Gesatzky oder Niko Saloupis, der z.B. mit einem Dreier in einer Phase aufwartete, als die Kangoos richtig stark wurden. Dennoch konnten weder der Trainer, noch die Spieler der TSG Mitte des Viertels die erste Führung für Aichwald verhindern. Insbesondere hervorgetan haben sich Moritz Gramm, Dominik von Benthen und Valentin Hubertus, aber auch Niko Haug (der unglaubliche Rebounds holte) und Fabian Schirrmeister (der abwechselnd mit Gramm dem TSG-ler Gesatzky in der Defense zusetzte) machten sich hier verdient. Bis hierhin (Minute 35) muss übrigens die Fairness der Backnanger gelobt werden, die beispielsweise auch bei einem falsch vom Schiedsrichter ausgelegten Einwurf selbst auf den Fehler hinwiesen. Allerdings war die heiße Phase des Spiels für die TSG-Gemüter anscheinend zu viel, denn nach dem fünften Foul des TSG-Centers Daniel Schwefel betrat dessen Trainer Stavro Agiomamitis das Spielfeld und es wurde ruppig. Das zeigte sich vor allem durch ein unsportliches Foul der TSG (festhalten am Fuß), ein technisches Foul gegen die Bank und die Tatsache, dass Agiomamitis nach nur vier Minuten mit fünf Fouls wieder auf die Bank durfte. Dabei hatte er sogar noch Glück, da er bei nahezu jeder Offensivaktion „Walking Blocks“ stellte oder mit vorausgestelltem Ellenbogen verteidigte, was ihm nicht wirklich abgepfiffen wurde, sonst wären die fünf sogar noch schneller voll gewesen. Eine Minute vor Schluss dann allerdings noch ein Aufreger, als für die TSG Niko Saloupis einen Dreier warf, der allerdings Zehntelsekunden vor dem Wurf wegen der „Drei-Sekunden-Regel“ (übrigens ausgelöst durch Agiomamitis) abgepfiffen wurde. Der Wurf allerdings saß, weshalb sich die TSG (verständlicherweise) aufregte. Die Schiedsrichter mussten sich nochmal besprechen, danach war aber klar: der Pfiff für die drei Sekunden kam vor dem Wurf, keine Punkte für TSG und Aichwald blieb mit zwei in Führung. Zweimal noch hin und her, Aichwald inzwischen mit drei Punkten vorne (Freiwurfquoten waren mal wieder nicht unsere Stärke), und sechs Sekunden vor Schluss bekommt Dominik von Benthen zwei Würfe von der Linie. Allen ist klar: bei drei Punkten vorne kann ein Dreier der TSG alles versauen. Es galt also, Crunch Time, oder auch Money Time, wie man sagt, und ausgerechnet von Benthen hat bis dahin eine Freiwurfquote von 40 % (2 von 5)…. Diese aber, die versenkt er beide. Damit war alles klar, fünf vorne und nur noch sechs Sekunden, da ging nichts mehr für TSG. Dementsprechend wurde der letzte Angriff auch nicht mehr verteidigt, und Niko Saloupis ballerte nochmal einen unbedrängten Dreier, der erst nach dem Schlussgong durch das Nylon rauschte. Egal, zumindest aus Sicht der Kangoos, am heutigen Tag zählte nur der Sieg, nicht die Punktzahl. Backnang allerdings fand das nicht egal, denn durch die am Ende nur zwei Punkte Differenz fühlte man sich wegen dem Dreier eine Minute vor Schluss betrogen und es wurde genörgelt und gemeckert. Die bis dahin gesammelten Fairness- und Sympathiepunkte (alles in allem war das Spiel zwar ruppig, aber nie brutal, selbst das unsportliche Foul war zwar klar unsportlich, aber eins von der sanften Sorte) wurden kollektiv verbraucht und Protest gegen die Spielwertung eingelegt. Was das bringen soll ist zwar schleierhaft, schön war es jedoch bei weitem nicht. Auch draußen vor der Halle fluchten vereinzelt TSG-ler noch vor sich hin und meckerten über die Schiedsrichter, wegen dem Dreier und der vier Fouls für Gesatzky. Hierzu aber noch angemerkt: Gesatzky gratulierte noch nach dem Spiel zum Sieg, bei keinem seiner Fouls meckerte er übermäßig herum, und obwohl er das vierte Foul noch in Viertel zwei kassierte, blieb er bis zum Ende auf dem Feld, er konnte sich also zurückhalten. Vielleicht nimmt Backnang sich seinen Topmann als Beispiel und überlegt, welche Fehler sie selbst gemacht haben, zum Beispiel nach Viertel 1 schon zu feiern, als hätte man gewonnen.  

Aichwald muss allerdings auch dringend lernen. Zum einen, wie man mit der Linie der Schiedsrichter zurecht kommt, denn bisher hat sich gezeigt, dass eine laxe Linie meist unseren Gegnern zugute kommt. Die Kangoos müssen hier Härte gewinnen und selbst auch mehr an die Grenzen gehen, um nicht durch die Linie der SR ins Hintertreffen zu geraten. Oder anders formuliert: wenn die Schiedsrichter viel zulassen, muss man das eigene „Mimimi“ abstellen. Außerdem muss die Defense-Variabilität erhöht werden, da das Spiel gezeigt hat, dass ein einzelner Ausnahmespieler uns gewaltig unter Druck setzen kann. Hier muss die Helpside und das swingen besser funktionieren, und vielleicht muss man auch mal ein anderes Defense-System zur Verfügung haben. Und zu guter Letzt muss Aichwald lernen, ab Minute 1 voll da zu sein. Wie schon gegen Bopfingen und Möhringen hat man das erste Viertel verschlafen und musste den Rest des Spiels diese Hypothek abarbeiten. Daran sollte man dringend arbeiten, und auch sollte man zusehen, im Rückspiel mit Bestbesetzung anzutreten, denn Backnang wird hier vermutlich brennen.  

Männer des Spiels: für TSG ganz klar Julian Gesatzky, der neben Können auch bis zum Schluss Sportsgeist zeigen konnte, trotz bitterer Niederlage. Für die Kangoos aber ganz klar Dominik von Benthen mit seinen verwandelten Abschluss-Freiwürfen, die den Sack zugemacht haben und Valentin Hubertus, der neben dem Topscorer heute auch den Motivator gegeben hat. Und eine Ehrentrophäe geht jeweils an Moritz Gramm (der nach einem verkorksten ersten Viertel danach durch starke Defense und mehrere Intercepts [abgefangene Bälle] gefiel), Fabian Schirrmeister (der defensiv wirklich stark war und verhinderte, dass Gesatzky noch mehr Punkte machen konnte) sowie Niko Haug (der zwar punktemäßig weit hinter seinem Schnitt blieb, aber trotzdem gewohnt viele Rebounds holte).