Spielbericht kangoos Herren vs. TSG Heilbronn
Eat. Sleep. Game. Repeat.
Nein, diesmal kommt kein Lied von Fatboy Slim. Diesmal geht es um die Raubtier-Mentalität der Kangoos (die ja laut Wikipedia Vegetarier sein sollten). Nur eine Woche nach dem Spiel gegen die sympathischen Heilbronner letzten Sonntag – bei dem man auf Augenhöhe war und nur mit ein wenig Pech verlor – gab es das Rückspiel auf heimischen Boden. Die Zusammensetzung der Kangoos hatte sich nicht großartig verändert, für Dominik von Benthen (sagen wir mal: rekonvaleszent *g*) und Fabian Schirrmeister (private Verpflichtungen) rückten Timo Walke und Neuzugang Lukas Oesterle nach. Die beiden Big Men Käpt’n Knut Ettling (schmerzlich vermisst und hoffentlich bald wieder da) und Valentin Hubertus (virulent) fehlten weiterhin. Auch Heilbronn rückte nur punktuell verändert in Aichwald an.
Es war daher – aufgrund der nahezu identischen Zusammensetzung der Teams fast zu erwarten – eine sehr ähnliche Ausgangslage wie eine Woche zuvor, nur dass Heilbronn mit dem Sieg im Rücken anfuhr und Aichwald Revanche haben wollte. Das Spiel, das sich entsponn, war demnach auch in den ersten beiden Vierteln nahezu eine Kopie des Hinspiels: TSG Heilbronn mit einer sehr engen Zone, die aus taktischer Sicht auch sehr gut umgesetzt wurde.
Aichwald mit dem Versuch, durch Dynamik die Zusammensetzung der Zone durcheinander zu bringen, und zu scoren, und defensiv erstmals auch mit einer Zone, um den großen Leuten der Heilbronner das Leben schwer und vor allem den Raum eng zu machen. Die Idee dazu war ja schon im Hinspiel geboren, siehe letzter Spielbericht, nur: erfolgreich war das nicht so ganz. Zwar konnte man die im Hinspiel andauernden „Durchstecker“ der Heilbronner in die Zone verhindern, allerdings waren die Heilbronner körperlich so überlegen, dass man die Big Men auch nicht aus der Zone herausdrücken konnte. Im Ergebnis kam vor allem der „Riese“ der Heilbronner, Ismet Kafa, immer wieder mit Lop-Anspielen in der Aichwalder Glocke in Szene und konnte scoren – Kafa war am Ende auch Topscorer der Heilbronner. Das war zwar aus Aichwalder Sicht weniger nervig als die „Durchstecker“ – immerhin musste Kafa für seine Punkte ordentlich arbeiten, statt wie im Hinspiel 1-gegen-0 Korbleger zu kriegen – aber auf dem Scoreboard war das Ergebnis nahezu identisch. Aichwald hatte weiterhin Probleme mit der Zone der TSG, weshalb weniger die Punkte der Heilbronner, als die eigene Abschlussschwäche ein Grund für den Viertelrückstand von 13:17 war.
Identisch hierzu das zweite Viertel. Man war auf Augenhöhe, hier trafen sich definitiv zwei Mannschaften, die auf identischem Niveau unterwegs sind. Abzusehen war das am Zwischenstand von 26:28 (für Heilbronn) in Minute 17, der Halbzeitstand von 28:34 wiederum war nur eine Momentaufnahme. Im zweiten Viertel übrigens die Aichwalder nahezu vollständig ohne Markus Freitag, Coach und Top-Performer, auf dem Feld. Dann allerdings die Halbzeitansprache: Coach Freitag stellte die Defense konsequent auf Mannverteidigung um, und Hilfscoach Andreas Bühner merkte richtig an, dass die Center der Heilbronner die Zone nicht verlassen, was eigentlich einem herausgerückten Aichwalder Center relativ viel Raum für einen Wurf aus dem Halbfeld geben sollte. Tobias Maier (der Aichwalder – der Coach der Heilbronner heißt witzigerweise genauso) motivierte dann noch mit ansprechendem Gebrüll. Beide Umstellungen brachten Erfolg: Heilbronn musste sich auf die andere und vor allem härtere Defense neu einstellen, und Nils Hirschberger auf der Center-Position der Kangoos konnte acht Punkte in Reihe machen, teils aus dem Halbfeld, teils durch umrunden der langsamen Center der TSG, nachdem diese gezwungen waren, herauszurücken.
Dies stellte Heilbronn vor ein Problem: Aichwald hatte endlich das Mittel gefunden, den Zonenblock der TSG zu knacken. Solange Big Man Kafa auf dem Feld war, gab es immer einen Spieler auf der Center-Position, der im Halbfeld frei werfen konnte. Also musste Kafa raus, was Lücken in die Zone riss. Seine Einsatzzeit reduzierte sich ab Mitte des dritten Viertels deutlich. Der Wechsel aber brachte den Heilbronnern ein offensives Problem ein: Kafa war dank Größe und „Unverrückbarkeit“ sowie seinen (aus Aichwalder Sicht: verdammt) langen Armen ein permanenter Anspielpunkt der TSG. Hatte man zuvor immer die Penetration der Aichwalder Glocke gesucht, konnte man in der Not immer auf Kafa abspielen. Diese Option fiel weg, weshalb die TSG zu weniger Abschlüssen kam. Die TSG versuchte nun, das Spiel schnell zu machen, womit man den Kangoos aber nur die Rückkehr zur eigentlich bevorzugten Spielweise ermöglicht hat. Aichwald konnte somit gleichziehen und in Minute 29 erstmals nach Minute 3 wieder eine Führung auf dem Scoreboard sehen. Nach dem dritten Viertel stand es 51:47 für die Kangoos.
Den TSG’lern war zu diesem Zeitpunkt auch schon die Anstrengung anzusehen. Aichwald hatte nun das Momentum auf seiner Seite. Im Aichwalder Team ein aufdrehender Niklas Sticher und Neuzugang Lukas Oesterle brachten neue Gefahr in Korbnähe, Sticher mit Fastbreak-ähnlichen Penetrations (solange die TSG-Zone unsortiert war) sowie Oesterle mit zwei Dreiern von außen, die Heilbronn sichtlich weh taten. Aichwald war nun auf der Erfolgsspur. Die Defense wurde jetzt hochgezogen, also ein Full-Court 1-on-1, wobei sich insbesondere die drei Youngster des ASV, Brian Nisalke, Niklas Sticher und Arif Arifi, mit wirklich bockstarker Defense gegen sehr viel erfahrenere Guards der TSG auszeichneten. In dieser Phase, in der schon auf der Courtside der TSG Druck auf dem Ball war, konnten sich die Kangoos mit 65:49 (Minute 35) absetzen, und es zeichnete sich ein Sieg ab, der angesichts der Qualitäten beider Mannschaften fast schon zu hoch gewesen wäre. Aber die TSG schlug zurück: taktisch nutzte man die Defense der Aichwalder aus, die weiterhin sehr hoch anging, und spielte schnell über Pass nach vorne, blieb dann aber mit drei Mann auf der eigenen Seite stehen. Die Aichwalder Defense, darauf ausgerichtet, hart am Mann zu sein, blieb dicht drauf. Damit allerdings konnten die TSG’ler mit zwei Mann nach vorne, und hatten ein simples Pick-and-Roll mit nahezu einem kompletten Halbfeld Platz für sich. Alex Fullan, der für die TSG immer wieder mit herrlichen (aber auch Offensivfoul-lastigen) Spin-Moves auffiel, konnte diese Pick-and-Rolls nutzen, um ein Mismatch zu erhalten und relativ frei zu scoren. Andreas Bühner, Hilfscoach der ASV, nahm eine Auszeit, zum einen um den Lauf der TSG zu stoppen, zum anderen um in der Defense die Maßgabe herauszugeben, nicht mehr hinter dem Ball zu verteidigen, mit dem Ergebnis, dass die freien Verteidiger den Raum um die eigene Glocke eng machen konnten und als Helpside fungierten – damit war das zuletzt sehr erfolgreiche Angriffskonzept der Heilbronner beim Stand von 65:57 erledigt.
Der echte „Neckbreaker“ aus Heilbronner Sicht kam aber in Minute 40: ein hastig vorgeführter Angriff der Heilbronner dauerte viel zu lange, der folgende Notwurf endete in Aichwalder Ballbesitz, das zu erwartende Foul führte an die Freiwurflinie (ohne Ergebnis). Heilbronn in Ballbesitz, muss Dreier werfen, um realistisch noch heran zu kommen, aber der einzig freie Spieler ist Kafa, und der ist – trotz aller Qualitäten – nun mal kein Dreier-König. Wieder Ballbesitz ASV, wieder muss Heilbronn schnell an den Ball, es wird gefoult. Und hier der Knackpunkt: irgendwas muss der Heilbronner Spieler gesagt haben, denn der Schiedsrichter gab ohne zeitlichen Verzug direkt ein technisches Foul hinterher. Damit war für Heilbronn auch die letzte winzige Chance dahin, die zu dem Zeitpunkt zehn Punkte Differenz waren nicht mehr aufzuholen. Die drei Freiwürfe brachten nochmal zwei Punkte für den 69:57 Endstand, und die restlichen 12 Sekunden wurden dann ohne weitere Defense und ohne Angriffsbemühungen herunter gespielt. Aichwald konnte nicht nur Revanche üben, sondern auch den direkten Vergleich für sich gewinnen. Und damit zurück zur Einleitung: eigentlich müsste man das Logo der Kangoos austauschen: statt des freundlich lächelnden Kängurus müsste man ein grimmiges mit blutiger Schnauze und gefletschten Zähnen zeigen. Denn die Kangoos haben am Sonntag Biss und Killerinstinkt bewiesen, und es so als Team (!) geschafft, die mindestens gleichwertigen Heilbronner zu schlagen. Sehr lange lag man hinten, teils sogar halbwegs deutlich, viele Probleme hatte man mit der Heilbronner Defense, und trotzdem hat man gewartet und gekämpft, bis von der Seitenlinie die richtigen Schwachstellen erkannt und ausgenutzt wurden. Diesmal waren die Kangoos also eher Wölfe als Vegetarier.
Die Erkenntnisse des Tages: gerade die jungen Spieler haben es diesmal gerissen. Nils Hirschberger war quasi der „Dosenöffner“ gegen den wirklich starken Ismet Kafa; Brian Nisalke, Niklas Sticher und Arif Arifi machten in der heißen Phase deutlich spürbar Druck auf die Aufbauspieler der TSG, Niko Haug mit extrem langer Spielzeit und dank vieler schneller Fastbreaks im dritten Viertel Säule der Aufholjagd und Topscorer…. und die Bank. Denn anders als im Hinspiel kamen von Hilfscoach Bühner diesmal tatsächlich hilfreiche Ideen gegen die Heilbronner. Markus Freitag hatte mal wieder hohen Anteil am Sieg, musste aber bei weitem nicht so lange arbeiten wie im Hinspiel, und Neuzugang Lukas Oesterle konnte sich ohne viel Aufwärmphase schnell einspielen. Tobias Maier zeigte sich als Motivationsmonster und hatte neben einigen Rebounds auch den hochgereckten Bizeps zu bieten, nachdem er sich knallhart durchtanken musste.
Auf Heilbronner Seite waren natürlich Alex Fullan (das Spinning-Monster) und der krakenarmige Ismet Kafa echte Säulen des Spiels. Besonderen Dank auch an Tobias Maier (den Heilbronner Coach), der bereits im Hinspiel für einen spätere Anwurfzeit zu haben war und am Sonntag die geringsten Anflüge unfairen Spiels sofort bei seiner Mannschaft unterband, er verdient sich damit den FairPlay-Preis des Tages. Insgesamt auch ein wirklich faires Spiel der Heilbronner, was sich mit 15 (Aichwald) zu 22 (Fouls) im absolut normalen Rahmen bewegte. Ob das technische Foul am Ende wirklich sein gemusst hätte kann man auch aus Aichwalder Seite bezweifeln, denn zumindest von der acht Meter entfernten Aichwalder Bank sah es eher so aus, als ob der Spieler sein eigenes Foul als „dumm“ bezeichnete, und nicht den Schiri, allerdings ist die Bewertung aus der Ferne nicht wirklich möglich. Insofern muss man konstatieren: die Heilbronner waren ein wirklich schwerer Gegner, aber immer nett und sympathisch, und man darf sich auf ein Wiedersehen freuen. An die Adresse von (dem Heilbronner) Tobias Maier: Pils geht klar, erinner mich nächstes Jahr dran (ist glaube ich eher ein Insider, aber vielleicht kommt’s an).
Und noch zum Schiedsrichter: bisher muss man sagen, dass sich der Aufstieg in punkto Schiedsrichter gelohnt hat. Wie schon in Heilbronn festgestellt, wo echte Hochkaräter-Schiedsrichter pfiffen. Wenn wir das nur eher gewusst hätten, wir wären eher aufgestiegen (*hüstel*). Auch diesmal wieder eine sehr fehlerarme Vorstellung des Unparteiischen, der sogar alleine war. Dass man als einzelner Schiedsrichter nicht alles sehen kann ist klar, und das technische Foul werden die Heilbronner vermutlich etwas anders sehen als der Schiri, aber alles in allem eine klasse Schiedsrichterleistung mit wenig Fehlentscheidungen auf beiden Seiten.
Und hinsichtlich der Zuschauer: anscheinend produzieren die Kangoos langsam einen Fanclub. Zumindest konnte sich Coach Freitag nach Spielende vor (weiblichen) Groupies fast nicht mehr retten, die von der Tribüne herunterjubelten (okay, kleiner Euphemismus, aber im Kern stimmt’s). Bleibt zu hoffen, dass der Zuschauertrend weiter zunimmt, denn eine entsprechende Geräuschkulisse hilft bei Heimspielen natürlich immer.
Vielen Dank für das Spiel, liebe Heilbronner, vielen Dank für die Arbeit, lieber Schiedsrichter, und vielen Dank für die geile Unterstützung, liebe Zuschauer!
Andreas Bühner